Weiterhin typisches Korrekturmuster
Korrekturen seien in erster Linie Stimmungsschwankungen, die oft mit einer plausibel erscheinenden negativen Geschichte beginnen. „In diesem Fall scheinen Inflation, Krieg und die jüngsten Verbote in China die volatilen Bewegungen zu verstärken“, meint Grüner. „Da Korrekturen von der Marktstimmung beeinflusst werden, lassen sie sich nicht vorhersagen oder zeitlich eingrenzen. Die gute Nachricht ist: Die Erholung erfolgt üblicherweise genauso schnell wie der Einbruch, in der Regel steigen Aktienmärkte danach weiter an.“ Im Vergleich zum historischen Durchschnitt verlaufe die aktuelle Korrektur nahezu idealtypisch. Allerdings geschehe die Erholungsbewegung selten geradlinig. Sehr oft komme es nach dem Tiefpunkt zu ausgeprägten Schwankungen oder sogar zu W-förmigen Korrekturen. „Doch selbst kräftige Korrekturen wie im Jahr 1998 – oder sogar der blitzartige Bärenmarkt im Frühjahr 2020 – verhindern nicht zwangsläufig, dass sich das jeweilige Börsenjahr positiv entwickeln kann“, so Grüner. Die Erholungsbewegung könne tendenziell ebenso dynamisch ablaufen und durchaus dafür sorgen, dass das Kalenderjahr mit hervorragenden Renditen in die Bücher eingehe. Lediglich die Geduld der Anleger werde dabei gehörig auf die Probe gestellt.
Wichtige Unterscheidung
Im Gegensatz zu einem Bärenmarkt sei es im Rahmen einer Korrektur für Aktienanleger nicht ratsam, einschneidende Änderungen an der Anlageklassenverteilung vorzunehmen. Zu viele Anleger würden von der negativen Volatilität aus dem Markt gescheucht und verpassten wichtige Komponenten des intakten Bullenmarkts. „Einmal mehr ist es also wichtig, die aktuelle Situation nach dem Grundprinzip ‚Korrektur oder Bärenmarkt‘ zu durchleuchten“, sagt Grüner. „Bärenmärkte beginnen auf zwei Arten – durch ausgeprägte Euphorie oder einen unvorhersehbaren Keulenschlag, der das globale BIP schlagartig um mehrere Billionen Euro erleichtert. Von einer Euphorie sind wir ohne Zweifel meilenweit entfernt, und die aktuellen Problemstellungen qualifizieren sich aus unserer Sicht einfach nicht für die Kategorie ‚Keulenschlag‘." Die weit verbreiteten Ängste, die in den Nachrichten kursierten, mögen in der Realität begründet sein – aber ihnen fehle das globale Ausmaß und die negative Überraschungskraft.
Fazit
Nach Grüners Ansicht deuten die Geschwindigkeit des Marktrückgangs, die ausgedehnte Diskussion in der breiten Öffentlichkeit und die Auswirkungen auf die Marktstimmung stark darauf hin, dass es sich bei der aktuell schwierigen Marktphase um eine klassische Korrektur handele – nicht um einen globalen Bärenmarkt. „Korrekturen erfordern Ruhe, keinen Aktionismus“, resümiert der Experte.
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