Der Fall: Besteller verweigert die Abnahme
Ein Unternehmer sollte eine automatische Gasfackel zur Verbrennung überschüssiger Gase einbauen. Nachdem er die Leistungen erbracht hatte, verweigerte der Besteller die Abnahme. Seine Behauptung: Der Unternehmer habe nicht alle vertraglich vereinbarten Leistungen ausgeführt. Der Unternehmer hätte die eingebaute Gasfackel auch in die bestehende EDV- Anlage einbinden sollen, was bislang ausblieb.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth urteilte, dass der Unternehmer die gelieferte und montierte Komponente nicht einbinden musste. Der Besteller musste also den Werklohn zahlen. Er zog daraufhin vor das Oberlandesgericht Nürnberg. Seine Begründung: Eine Abnahme sei nicht erklärt worden, womit der Werklohnanspruch schon nicht fällig wurde.
Urteil: Wann der Besteller trotzdem zahlen muss
Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg schloss sich der Vorinstanz an: Für den Erfolg der Werklohnklage kommt es nicht darauf an, dass der Besteller die Abnahme verweigert hat. Zwar hat der Besteller die Leistungen des Unternehmers nicht abgenommen. Eine Abnahme war aufgrund der Verweigerung aber auch nicht notwendig.
Ein Unternehmer kann auch dann seinen Werklohn einklagen, wenn er zum vereinbarten Zeitpunkt das Werk ohne Mängel vertragsmäßig hergestellt hat (Abnahmereife), der Besteller aber weiterhin die Abnahme verweigert. Mit der Werklohnklage möchte der Unternehmer, dass der Besteller seine Leistungen abnimmt. Dazu ist der Besteller im Falle der Mangelfreiheit ohnehin gesetzlich verpflichtet.
Laut Gericht hätte der Unternehmer auch nicht versuchen müssen, zuvor eine fiktive Abnahme herbeizuführen, indem er den Besteller eine Frist zur Abnahmeerklärung setzt.
Der Gesetzgeber hatte eine fiktive Abnahme eingeführt, um die Rechtsstellung des Unternehmers zu verbessern, ihm aber keine bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten abzuschneiden. Deswegen kann ein Werkunternehmer bei Abnahmereife weiterhin sofort auf Werklohnzahlung klagen. Und das unabhängig davon, ob der Besteller die Abnahme vorher ernsthaft verweigert und sich dabei auf die fehlende Beseitigung (zu Unrecht) geltend gemachter Mängel beruft. Das hat das OLG Nürnberg in seinem Beschluss festgehalten (Beschluss vom 17.05.2021; Az.: 13 U 365/21).
Was das Urteil für die Praxis bedeutet
„Unternehmer müssen bei verweigerter Abnahme keine Abnahmefiktion erzwingen. Das ist in der Praxis ohnehin kaum möglich“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Alexander Ronert in München. Denn der Besteller kann sie schon alleine dadurch verhindern, dass er nur einen einzigen Mangel – egal ob wesentlich oder unwesentlich – innerhalb der gesetzten Frist rügt. Der Unternehmer stünde dann wieder „bei null“, womit er letztlich nie vor Gericht ziehen könnte.
Besteller sollten letztlich genau prüfen, ob gerügte Mängel tatsächlich bestehen und einer Abnahme oder einer klageweisen Geltendmachung des Werklohnanspruchs im Wege stehen. „Sind sie unsicher, ob die Mängel für eine Abnahmeverweigerung ausreichen, können sie die Abnahme immer noch unter Vorbehalt erklären, um nicht mit der Abnahme in Verzug zu geraten“, rät Rechtsanwalt Ronert. Denn Besteller sind immer noch zur Abnahme verpflichtet, wenn das Werk abnahmereif ist oder es nur unwesentliche Mängel hat (§ 640 Abs.1 BGB).
Bevor Unternehmer ohne Abnahme auf Werklohn klagen, sollten sie mit einer Zustandsfeststellung (§ 650 g Abs.1 BGB) die Mangelfreiheit und damit Abnahmereife ihres Werkes feststellen. Ist das Werk mangelfrei, können sie den Besteller darauf hinweisen, dass er zur Abnahme gesetzlich verpflichtet ist, weil zum Beispiel keine oder nur unwesentliche Mängel vorliegen. Verweigert er diese, dann steht einer fiktiven Abnahme auch nichts mehr im Weg (§ 640 Abs.2 BGB). Denn dann dürfte der Besteller keine entgegenzuhaltenden Mängel mehr haben. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit einer Klage.
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