Auswandern: Lässt sich damit wirklich Steuern sparen?

Kommen mit der neuen Bundesregierung Steuererhöhungen? Aktuell fragen sich viele Unternehmer und Selbstständige, ob sie im Ausland weniger Steuern zahlen müssen. Ob sie beim Auswandern wirklich Steuern sparen würden, das erklärt Fachberater für internationales Steuerrecht Tobias Koch bei Ecovis in München.

Frage: Zahlt man in Deutschland wirklich mehr Steuern als in anderen Ländern?

Tobias Koch: Dazu schaut man sich am besten die Steuerquote an. Sie gibt an, wie viel Prozent des Bruttoinlandsprodukts Steuereinnahmen ausmachen. Deutschland hatte 2019 eine moderate Steuerquote in Höhe von 24,1 Prozent. Alle südlichen Staaten der EU, außer Spanien, sowie die Schweiz liegen darüber. Das als Steuerparadies bekannte Luxemburg liegt sogar deutlich über der deutschen Steuerquote. Nur einige osteuropäische Staaten, Irland und die USA liegen mit unter 20 Prozent deutlich darunter. Wer sich genauer damit beschäftigen will, für den lohnt sich der Blick in die Broschüre des Bundesfinanzministeriums „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2020“.

Reicht die Abmeldung in Deutschland und die Anmeldung im Ausland, damit man im Ausland Steuern zahlt?

Nein, definitiv nicht. Das Melderecht ist steuerlich gar nicht so wichtig. Hierzu gibt es auch ein prominentes Beispiel: Boris Becker. Offiziell lebte er in Monaco, soll sich aber tatsächlich dauerhaft in München aufgehalten haben. Damit war er mit seinen gesamten weltweiten Einkünften in Deutschland steuerpflichtig.

Ab wann ist man also tatsächlich ins Ausland ausgewandert?

Ausgewandert sind Sie, wenn Sie keinen steuerlichen Wohnsitz mehr in Deutschland haben. Das bedeutet, dass Sie keine Verfügungsmacht mehr über eine Wohnung im Inland haben. Dazu zählt sogar schon ein Zimmer ohne eigenes Bad und Küche. Nur eine Übernachtungsmöglichkeit in der Wohnung von Verwandten, in Geschäftsräumen oder Hotelzimmern, gilt aber normalerweise nicht als Wohnsitz. Es kommt also immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse an.

Wir raten, dass Sie Belege aufheben. Damit können Sie beweisen, dass Sie auf absehbare Zeit nicht ins Inland zurückkommen werden. Das ist zum Beispiel der Fall bei Kündigung der Mietwohnung oder bei einer langfristigen Vermietung des Hauses oder der Eigentumswohnung.

Und wenn man trotzdem ein paar Monate im Jahr in Deutschland leben möchte?

Das geht über den gewöhnlichen Aufenthalt. Das bedeutet, dass Sie weniger als sechs Monate am Stück in Deutschland sein dürfen. Bei einem kurzfristigen Auslandsaufenthalt läuft die Zeit weiter. Wichtig: Laut Rechtsprechung zählt auch ein zwangsweiser Aufenthalt im Krankenhaus in Deutschland zur Aufenthaltsdauer.

Und Achtung: Die sechs-Monats-Grenze zählt nicht, wenn sich erkennen lässt, dass Sie sich in Deutschland „zu Hause“ fühlen. Hier spielen berufliche, familiäre und gesellschaftliche Bindungen eine wichtige Rolle.

Was raten Sie denjenigen, die auswandern wollen?

Das Land, in das Sie auswandern wollen, sollte auch wirklich Ihr neues Heimatland sein. Auswandern, nur weil man Steuern sparen will, können wir nur bedingt empfehlen. Denn neben der Einkommensteuer sollte man auch andere Steuerarten und Abgaben im Zielland, wie Erbschaft- oder Vermögenssteuer, im Blick haben. Auch viele außersteuerliche Faktoren spielen eine Rolle, sei es das Sozialversicherungssystem oder die Lebenshaltungskosten. Für Unternehmer und Selbstständige hält das deutsche Steuerrecht außerdem eine Wegzugsbesteuerung parat. Das bedeutet, dass Deutschland bei Wegzug Ihre stillen Reserven aufdeckt und besteuert.

Wenn Sie also ernsthaft auswandern wollen, sollte sowohl ein Steuerberater in Deutschland als auch im Zielstaat Ihre individuellen Einkunfts- und Vermögensverhältnisse beurteilen. Mit unseren Partnerkanzleien in über 80 Ländern kann Ecovis Sie dabei unterstützen.

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