Wachstumschancengesetz verabschiedet: das Wichtigste in Kürze

Die Bundesregierung setzt mit dem Wachstumschancengesetz klare Zeichen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. Am 22. März 2024 wurden die Eckpunkte nach einem zähen Ringen nun durch den Bundesrat verabschiedet. Bereits im November 2023 hatte der Bundestag dem Gesetzentwurf zugestimmt. Der Bundesrat lehnte das Gesetz zunächst ab, weil die Bundesregierung die vom Bundesrat konkret benannten Änderungen im Gesetzesentwurf nur unzureichend umgesetzt hatte. Deshalb leitete der Bundesrat das Wachstumschancengesetz an den Vermittlungsausschuss weiter. Dieser nahm den Kompromissvorschlag mit den Stimmen der Regierung an. Der Kompromissvorschlag ist zur ursprünglichen Fassung vergleichsweise deutlich abgespeckt, denn viele Steuerentlastungen wurden rausgenommen.

In der aktuellen Fassung beinhaltet das Gesetz vor allem Steueränderungen und -vereinfachungen. Außerdem kommt eine Pflicht zur elektronischen Rechnung auf die Unternehmen zu. In diesem Blogbeitrag fassen wir die wichtigsten Punkte des Gesetzes zusammen.

Die wichtigsten Inhalte des neuen Wachstumschancengesetzes:

1. Degressive Abschreibung: Anreize für bewegliche Wirtschaftsgüter

Das Gesetz ermöglicht alternativ zur linearen nun eine degressive Abschreibung von bis zu 20 Prozent des Anlagevermögens für bewegliche Wirtschaftsgüter, die zwischen 1. April 2024 und 31. Dezember 2024 angeschafft oder hergestellt werden. Die degressive Abschreibung beträgt höchstens das 2-fache des linearen Abschreibungssatzes. Unternehmen haben damit höhere Betriebsausgaben in den ersten Abschreibungsjahren, die sich steuerlich positiv auswirken.

Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Unternehmer nach der Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes bei der Anschaffung von beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens neben der regulären Abschreibung rückwirkend ab dem 1. Januar 2024 auch eine 40 prozentige Sonderabschreibung gewinnmindernd geltend machen. Diese lag bisher bei 20 Prozent. Dadurch können in Kombination der Sonderabschreibung mit der degressiven Abschreibung bis zu 60 Prozent Abschreibungen im ersten Jahr möglich werden.

2. Forschungsförderung: mehr Unterstützung für Innovationen

Eine Erhöhung des förderfähigen Anteils von Kosten bei Auftragsforschungen auf 70 Prozent und ein gestiegener Höchstförderbetrag von 1 auf 2,5 Millionen Euro bieten kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, verstärkt in Forschung und Entwicklung zu investieren.

3. Erhöhung der Freigrenze für Geschenke

Bei Geschenken an Kunden, Geschäftspartner oder deren Mitarbeiter lag die Grenze für den Betriebsausgabenabzug bei Geschenkaufwendungen bisher bei 35 Euro netto. Mit dem Wachstumschancengesetz steigt die Freigrenze bei solchen Geschenken auf netto 50 Euro.

4. Änderung der Grenzen für die Gewinnermittlungsart

Durch das Wachstumschancengesetz ändern sich die Grenzen für den Wechsel von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) auf die Bilanzierung. Bisher forderte das Finanzamt Unternehmen zum folgenden 1. Januar zur Bilanzierung bei einem Umsatz über 600.000 Euro oder einem Gewinn von mehr als 60.000 Euro. Die Grenzen liegen ab 2024 bei 800.000 Euro Umsatz sowie bei 80.000 Euro Gewinn. Wer also eine Aufforderung vom Finanzamt zum Wechsel der Gewinnermittlungsart zum 1. Januar 2024 vorliegen hat, kann die Bilanzierung noch abwenden.

5. Umsatzgrenze bei der Ist-Besteuerung: vereinfachte Umsatzsteuerverrechnung

Unternehmen mit Umsätzen bis 800.000 Euro können ab 2024 die Verrechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten beantragen. Grundsätzlich ist die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, wenn eine Leistung erbracht wurde. Dabei spielen bei der sogenannten Soll-Besteuerung der Zeitpunkt der Rechnungsstellung und die Bezahlung durch den Kunden keine Rolle. Unter bestimmten Voraussetzungen, kann nun eine Ist-Versteuerung beim Finanzamt beantragt werden, damit die Umsatzsteuer erst zu dem Zeitpunkt angemeldet und an das Finanzamt zu zahlen ist, wenn der Kunde seine Rechnung beglichen hat. Das war bisher nur für Unternehmen möglich, deren Umsatz im Vorjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen hat. Mit dem Wachstumschancengesetz wird ab 2024 diese Umsatzhöchstgrenze auf 800.000 Euro (§ 20 Satz 1 Nr. 1 UStG) angehoben.

6. Erweiterung Verlustvortrag

Das Gesetz bringt auch Erleichterungen bei der temporären Aussetzung der Begrenzung der Mindestgewinnbesteuerung zwischen 2024 und 2027. Möglich ist ein Verlustvortrag, wenn in den letzten drei Jahren vor dem Jahr der Verlustentstehung keine positiven Einkünfte erzielt wurden. Der Verlustvortrag, der für Ledige über 1 Million Euro sowie für zusammenveranlagte Steuerzahler 2 Millionen Euro beträgt, kann im Folgejahr in Höhe von 70 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden. Bislang lag galten 60 Prozent.

7. Weniger Bürokratie für Kleinunternehmer

Unternehmen, die beim Finanzamt umsatzsteuerlich als Kleinunternehmer registriert sind, werden durch das Wachstumschancengesetz bürokratisch entlastet. Nach § 19 UStG müssen sie erstmals für das Steuerjahr 2024 keine Umsatzsteuererklärung mehr beim Finanzamt einreichen. Bisher prüfte das Finanzamt aufgrund der Umsatzsteuererklärung, ob die Unternehmen tatsächlich in die Kleinunternehmerregelung (Umsätze bis max. 22.000 Euro im Jahr) fallen.

8. Geringeres Haftungsrisiko für Unternehmen bei Abfindungen

Beschäftigte profitieren bei einer Abfindung von einer ermäßigten Besteuerung aufgrund der Fünftelregelung unter gewissen Voraussetzungen, die bereits bei der Ermittlung der Lohnsteuer berücksichtigt wird. Werden bei Lohnsteuerprüfungen jedoch die fehlenden Voraussetzungen im Nachhinein festgestellt, trug bisher der Arbeitgeber die Risiken der Lohnsteuerhaftung. Ursprünglich geplant ab 2024 wird die Fünftelregelung beim Lohnsteuerabzug nach dem Wachstumschancengesetz ab 2025 nicht mehr vorgenommen. Der Arbeitgeber trägt also kein Haftungsrisiko mehr. Auch für die Arbeitnehmer hat es keinen steuerlichen Nachteil, wenn sie die Anwendung der Fünftelregelung bei Abgabe einer Steuererklärung beantragen.

Diese Änderungen wurden nicht umgesetzt: 

  • Keine Investitionsprämie für Klimaschutz

Die Einführung einer Investitionsprämie durch eine neues Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz wurde gestrichen, wodurch die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Klimaschutz befördert werden sollte. Unternehmen, die auf umweltfreundliche Investitionen setzen, sollten in den Jahren 2024 bis 2029 mit einer Prämie von 15 Prozent belohnt werden. 

  • Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG): neue Grenzen gestrichen

Ab Januar 2024 sollten Unternehmen 1.000 Euro im Jahr bei der Anschaffung von geringwertigen Wirtschaftsgütern vollständig abziehen können. Beim Kauf von GWG gilt nach wie vor die 800-Euro-Grenze. Nur wenn die Anschaffungskosten für bewegliche Gegenstände des Anlagevermögens netto nicht mehr als 800 Euro kosten und selbständig nutzungsfähig sind, kommt der Sofortabzug als Betriebsausgaben in Betracht. Eine gezielte Verwaltung dieser Güter durch ein ERP-System erleichtert nicht nur den Abzugsprozess, sondern auch die Dokumentation. 

  • Sammelpostenabschreibung und Sonderabschreibung für KMU

Alternativ zum Sofortabzug für GWG, s.o., können Unternehmer auch nach der Sammelpostenmethode abschreiben. Bewegliche Güter für das Anlagevermögen mit Anschaffungskosten zu einem Nettowert bis zu 1.000 Euro durften zu einem Sammelposten zusammengefasst und auf fünf Jahre verteilt abgeschrieben werden. Die Abschreibung von Wirtschaftsgütern in einem Sammelposten sollte bis zu einer Grenze von 5.000 Euro auf drei Jahre mehr Flexibilität bieten. Diese geplante Vergünstigung wurde im Vermittlungsausschuss jedoch gekippt. 

  • Keine höhere Freigrenze für Betriebsveranstaltungen

Der Entwurf des Wachstumschancengesetzes sah eine Erhöhung der Teilnehmerkosten bei Betriebsveranstaltungen von 110 Euro auf 150 Euro vor. Diese geplante Neuregelung wurde nicht umgesetzt. Liegen die Kosten je Teilnehmer und Veranstaltung über einem Betrag von 110 Euro, gilt der übersteigende Betrag als Arbeitslohn und Unternehmen müssen auch weiterhin Lohnsteuer an das Finanzamt abführen. Der Vorsteuerabzug kippt bei Überschreitung der 110-Euro-Grenze komplett. 

  • Kein höherer Verpflegungsmehraufwand bei Inlands-Geschäftsreisen

Der Verpflegungsmehraufwand für berufliche oder betriebliche Auswärtstätigkeiten im Inland sollte mit dem Wachstumschancengesetz minimal erhöht werden Diese geplante Gesetzesänderung wurde vom Vermittlungsausschuss nicht stattgegeben. Weitere Informationen zu den geltenden Pauschalen finden Sie in unserem Beitrag zu den gesetzlichen Änderungen zum Jahreswechsel 2023/24.

Das Wachstumschancengesetz als Treiber für Unternehmenserfolg

Auch wenn der Bundesrat schlussendlich nicht allen geplanten Bestandteilen zugestimmt hat, eröffnet das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung deutschen Unternehmen vielfältige Perspektiven für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Die steuerlichen Anreize und Entlastungen bieten nicht nur finanzielle Vorteile, sondern fördern auch den Fokus auf umweltfreundliche Investitionen, Innovation und Effizienz.

Für Unternehmen, die diese Chancen bestmöglich nutzen möchten, ist eine strategische Herangehensweise unerlässlich. Hierbei spielt die Implementierung von ERP-Software eine entscheidende Rolle. Durch eine effiziente Verwaltung von Ressourcen, Finanzen und Prozessen unterstützt ERP-Software Unternehmen dabei, die gesetzlichen Anreize optimal zu nutzen und ihre Wettbewerbsposition zu stärken.

Unser Consulting-Team unterstützt Sie!

Haben Sie Fragen zur Umsetzung der neuen Gesetzesvorteile in Ihrem Unternehmen oder benötigen Sie Unterstützung bei der Auswahl und Implementierung einer passenden ERP-Lösung? Kontaktieren Sie unser ERP Consulting Team unter der E-Mail-Adresse consulting-erp@dps-bs.de. Wir freuen uns darauf, Sie auf Ihrem Weg zu einer erfolgreichen und zukunftsorientierten Unternehmensführung zu begleiten.

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