In der Privatwirtschaft gibt es immer noch keine vollständige Gleichstellung, und noch wichtiger, keine Chancengleichheit. Nach Berechnungen der AllBright Stiftung wird es bei dem durchschnittlichen Veränderungstempo der letzten fünf Jahre noch 18 Jahre dauern, bis in den Vorstandsetagen Männer und Frauen gleichermaßen vertreten sind. Die AllBright Stiftung zieht das Fazit, dass in den letzten fünf Jahren Personalberatungen einen positiven Beitrag geleistet haben. Fast zwei von drei Frauen in Vorstandspositionen (63 Prozent) wurden extern rekrutiert. Im vergangenen Jahr wurden fast genauso viele Frauen wie Männer für die externe Besetzung von Vorstandsposten gefunden (46 Prozent), während es vor fünf Jahren nur 14 Prozent waren. Auch für die Ebene unterhalb des Vorstands werden mittlerweile verstärkt externe Frauen gesucht.
Zur Not ein Gesetz
Um Veränderungen anzustoßen, setzte die Politik in der Vergangenheit auf Freiwilligkeit. Das führte zu nichts. Gesetze alleine werden die grundlegenden Strukturprobleme nicht ändern. Es muss ein Kulturwandel stattfinden, damit für beide Geschlechter Chancengleichheit entsteht. Unternehmenskulturen müssen angepasst werden. „Was in Unternehmen passieren muss, ist, dass es eine Atmosphäre gibt, in der Diversität akzeptiert und unterstützt wird“, ergänzt Ramona Kraft, Principal bei Odgers Berndtson und zuständig für die Besetzung von HR-Führungspositionen. Schweden kann hier ein Vorbild sein. Schwedische Unternehmen machen Diversität zu einem männlichen Anliegen. „Durch Anreize wie die Förderung von Elternzeit als Karrierevorteil können Unternehmen ganz konkret dazu beitragen, Geschlechterrollen zu verschieben“, zeigt Christian Berg, Geschäftsführer der AllBright Stiftung auf. Und wenn das Verändern von Unternehmenskulturen für beide Geschlechter auch als Chance wahrgenommen wird, verringert das auch die Widerstände, die bei jeder Veränderung auftreten. Und mit diesen muss offen umgegangen werden: „Diversität beginnt im Denken und mit Haltung. Veränderungen bedeuten für Einzelne immer auch ein Stück Unsicherheit. Als Unternehmen müssen wir die Sorgen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst nehmen und eine Vertrauenskultur schaffen, die den Dialog ermöglicht“, fasst Gabriele Fanta, CHRO der Körber Group, das Thema zusammen.
Die Rolle der Geschäftsleitung und Unternehmenszweck in der Förderung von Diversität
Eine Schlüsselrolle in einem solchen Veränderungsprozess spielen dabei die Geschäftsleitungen. Unternehmen mit einer starken Diversitätsagenda, die von der Führungsebene gefördert wird, erzielen in der Regel auch bessere finanzielle Ergebnisse, hebt ein Ergebnis einer Studie von McKinsey & Company hervor. Zu einer starken Diversitätsagenda gehört daher nach Meinung von Katja van Doren, Personalvorständin und Arbeitsdirektorin der RWE AG, auch ein klares Unternehmensnarrativ. „Ein sinnstiftender Unternehmenszweck hilft, auch in technischen und damit eher männlich dominierten Branchen weibliche Bewerberquoten beispielsweise in Traineeprogrammen von 50 Prozent zu erreichen“, führt Frau van Doren den Punkt aus. Eine Herausforderung stellen typische Männerbranchen dar, sieht auch Fanta von der Körber Group: „Im MINT-Bereich müssen wir gemeinsam für mehr weibliche Talente sorgen und Lust auf Entwicklung in diesem Bereich machen – dafür braucht es beispielsweise weibliche Role Models."
Einstellungsverfahren im Wandel: Paritätische Beraterteams und Vielfalt im Fokus
Insgesamt haben die Unternehmen ihre Einstellungsverfahren neu strukturiert – von der Neuformulierung von Stellenausschreibungen bis hin zur Anpassung des Bewerbungsprozesses. Der RWE-Konzern setzt dabei ausschließlich auf paritätisch aufgestellte Beraterteams, um Chancengleichheit im gesamten Bewerbungsprozess zu gewährleisten. Auch Odgers Berndtson setzt bereits seit über zehn Jahren auf heterogene Teams bei ihrer operativen Arbeit, damit auch verschiedenste Sichtweisen und Perspektiven in Beratungsprozessen zum Ausdruck kommen.
Der Schlüssel zur Vielfalt und Gleichberechtigung: Engagement auf allen Ebenen
Insgesamt zeigt der Austausch, dass die Förderung von Vielfalt und Gleichberechtigung in Unternehmen ein komplexes Thema ist, das sowohl rechtliche als auch kulturelle Veränderungen erfordert. Auf Unternehmensseite kann ein klares Mindset die Transformation antreiben, wie es Fanta von der Körber Group erläutert: „Für uns zählt einzig das Talent. Das Privatleben ist nicht entscheidend. Unsere Aufgabe als Arbeitgeber ist es, jedem den Raum für eine Work-Life-Integration zu ermöglichen, unabhängig vom Geschlecht.“ Externe Personalberater leisten heute einen sichtbaren Beitrag zu diesem Prozess, jedoch erfordern langfristige Veränderungen ein umfassendes Umdenken und Engagement auf allen Ebenen der Organisation und in der Gesellschaft. „Der Weg zu einer vielfältigeren Arbeitswelt geht über die Unternehmensgrenzen hinaus und wird in Deutschland noch Jahre dauern“, fasst Klaus Hansen, Partner von Odgers Berndtson und Leiter der funktionalen Practices „Chair & Board“ und „CEO“ in Deutschland, die Runde zusammen.
Odgers Berndtson ist seit mehr als 50 Jahren eines der weltweit führenden Unternehmen für Executive Search und Leadership Assessment. Das Unternehmen sucht Führungskräfte und Spezialist:innen für Unternehmen in allen Branchen, öffentlichen Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen. Odgers Berndtson Deutschland ist inhabergeführt und beschäftigt aktuell 100 Mitarbeitenden in Frankfurt und München. Weltweit sind rund 1.000 Mitarbeiter:innen an 67 Standorten in 35 Ländern für Odgers Berndtson tätig. Die Berater:innen arbeiten in international vernetzten Industry Practices, die sich auf die branchenspezifischen Bedürfnisse ihrer Klient:innen konzentrieren. Weitere Informationen unter: www.odgersberndtson.com
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