Handwerk: Unsicherheiten lassen Erwartungen deutlich sinken

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren in den letzten Monaten alles andere als optimal. Auch das vierte Quartal 2022 standen im Zeichen von exorbitanten Preiserhöhungen, Kaufzurückhaltung bei den Kunden und hohen Inflationswerten. Im südbadischen Handwerk zeigt sich die Lage besser als befürchtet – die Aussichten sind jedoch düster. Die Handwerkskammer Freiburg, die die Konjunkturdaten am Donnerstag vorstellte, mahnte besonders im Blick auf die stockende Bautätigkeit Bürokratieabbau an.

Die südbadische Handwerkskonjunktur blieb auf den ersten Blick von den negativen Rahmenbedingungen relativ unbeeindruckt, wie die Handwerkskammer Freiburg mitteilt. Der Konjunkturindikator des südbadischen Handwerks – also der Saldo aus Geschäftslage und Geschäftserwartungen – liegt mit +26,4 Punkten auf einem ähnlichen Niveau wie in den letzten vier Quartalen.

Aktuelle Lage gut, Erwartungen im Keller

„Tatsächlich geht aber die Entwicklung zwischen Geschäftslage und Geschäftserwartungen seit ein paar Quartalen auseinander“, berichtet Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg. „Die aktuelle Lage schätzen unsere Betriebe im vierten Quartal 2022 sogar noch ein bisschen besser ein als in den vergangenen Quartalen. Dagegen sind die Erwartungen im Keller.“ Der Tiefpunkt des vergangenen Quartals wurde sogar noch einmal unterboten. „Viele aktuellen Entwicklungen scheinen unsere Betriebe massiv zu verunsichern“, so Ullrich. „Es scheint das Vertrauen in die Politik zu fehlen, hier Ruhe und Verlässlichkeit reinzubringen.“ Verschiedene Gewerkegruppen bewerten die Lage zudem deutlich unterschiedlich. Die Ausbaugewerke und das Kfz-Handwerk sehen die Lage sehr positiv, während die Dienstleistungsgewerbe und das Nahrungsmittelhandwerk nur wenig Grund zur Freude haben.

„Wir brauchen Maßnahmen, die sich vergünstigend auf die Baupreise auswirken“

Das Bauhauptgewerbe war lange Zugpferd der Handwerkskonjunktur – hier ist die konjunkturelle Entwicklung rückläufig. Der Grund: Die Rahmenbedingungen verschlechtern sich zunehmend. „Neubauten werden noch teurer“, macht Ullrich deutlich. „Durch gestiegene Finanzierungskosten, durch Materialengpässe und Kostensteigerungen.“ Die politisch vorgegebenen Ziele im Neubau seien so nicht umsetzbar. „Das politische Ziel von 400.000 neuen Wohnungen wurde deutlich verfehlt. Im Jahr 2021 waren es nach Daten des Statistischen Bundesamts gerade einmal rund 293.000 neue Wohnungen, die fertiggestellt worden sind – 2022 wurde diese Zahl wohl noch unterschritten. Dass die Bundesbauministerin jetzt gar von 500.000 bis 600.000 Wohnungen spricht, entbehrt jeder Realität.“ Hier müsse laut Handwerkskammer das Thema Bürokratieabbau vorangetrieben werden. „Wir brauchen Maßnahmen, die sich vergünstigend auf die Baupreise auswirken“, fordert Ullrich. Das wären etwa beschleunigte Genehmigungsverfahren und vereinfachte Regelungen in der Vergabepraxis.

Auftragslage hat sich stabilisiert

Die Auftragslage hat sich im südbadischen Handwerk stabilisiert. Ein Viertel der Betriebe (25,5 Prozent) meldete steigende Auftragseingänge, etwas mehr (27,1 Prozent) gaben sinkende Aufträge an. Die Zahlen sind vergleichbar mit den Vorjahreszahlen, aber deutlich besser als im Herbst 2022. Bei den Auftragserwartungen hat sich der Anteil der Pessimisten binnen eines Jahres fast verdoppelt. 28,1 Prozent der Betriebe erwarten sinkende Aufträge (Vorjahr: 16,7 Prozent). 23 Prozent erwarten Auftragssteigerungen (Vorjahr: 28,7 Prozent).

Preisgestaltung bleibt für viele Handwerker ein Dilemma

Die Umsätze haben sich weiter positiv entwickelt: 34,5 Prozent der befragten Betriebe gaben an, dass ihre Umsätze gestiegen sind; nur 16,2 Prozent berichten von gesunkenen Umsätzen. „Was aber nicht heißt, dass die Handwerker mehr Gewinn machen“, stellt Dr. Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der Geschäftsleitung der Handwerkskammer klar. „Die Preisgestaltung bleibt für viele Betriebe ein Dilemma.“ So sind die Einkaufspreise für den überwiegenden Teil der Betriebe (78,3 Prozent) erneut gestiegen. Aber nicht einmal jeder zweite Handwerker (49 Prozent) gibt an, selbst die Preise erhöht zu haben. „Die Gewinnmarge wird also trotz Umsatzsteigerung bei vielen Betrieben kleiner.“ In den nächsten Monaten erwarten die Handwerksbetriebe in der Region zudem eine Umsatzstagnation bzw. sogar einen Umsatzeinbruch. Jeder dritte Befragte (32,7 Prozent) geht von einem Umsatzrückgang aus. Der Anteil derer, die steigende Umsätze erwarten, ist innerhalb eines Jahres von fast 30 Prozent auf nicht einmal mehr 10 Prozent (9,8 Prozent) eingebrochen.

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