„Fußnote“: Unser Mittelstand kann Krise!

Nach der Krise ist vor der Krise hieß es in den vergangenen Jahren zumeist. Der Mittelstand hat dabei eine bemerkenswerte Resilienz entwickelt. Eine Verstetigung des „whatever it takes“-Trends bedroht diese Widerstandsfähigkeit mittelfristig jedoch. Insbesondere die Auswirkung der Zinsänderungen auf die Jahresabschlüsse dürfte 2023 noch für Gesprächsstoff sorgen.

Die Erfahrungen der letzten 15 Jahre führen uns deutlich vor Augen, dass eine stabile weltwirtschaftliche Entwicklung mehr Ausnahme als Selbstverständlichkeit ist. Wie schnell die Wellen mittlerweile hin und her schwappen, zeigt der aktuelle Stimmungsumschwung. Prägten in den letzten Monaten noch Inflation und Rezessionsängste das Bild, kommt auf einmal die Kauflust zurück und es wird wieder Wachstum erwartet.

2023 werde weniger schlimm als befürchtet, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa beim Wirtschaftsgipfel in Davos stellvertretend für viele andere und stellte für Deutschland eine deutliche Prognoseanhebung in Aussicht. Gleichwohl warnte sie davor, jetzt von „zu pessimistisch“ auf „zu optimistisch“ umzuschalten. Dazu passt eine aktuelle Studie der KfW Bank, die Deutschland vor einer Ära des schrumpfenden Wohlstandes sieht.

Chance statt Risiko

Die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft werden in der nächsten Zeit herausfordernd bleiben, so viel ist klar. Waren Worte wie Veränderungen und Anpassungsprozesse in Deutschland in der Vergangenheit jedoch immer mit dem Wort „Risiko“ behaftet, beobachte ich seit einiger Zeit gerade beim Mittelstand eine gewisse Veränderung. Chancen und Opportunitäten werden verstärkt wahrgenommen, sicherlich spielen hier auch die Erfahrungen der durchgestandenen Coronaphasen eine wichtige Rolle.

Unser Mittelstand kann Krise. Diese bemerkenswerte Resilienz ist allerdings keinesfalls in Stein gemeißelt. Auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. In den vergangenen Krisen gelang dies eigentlich relativ gut. Ist ein angewandter Keynesianiums, wie wir ihn in den vergangenen Jahren erlebt haben, in Krisenzeiten zur Unterstützung der Anpassungsfähigkeit und als Innovationstreiber durchaus berechtigt, darf der Ruf nach dem Staat aber nicht mit jeder Krise immer lauter werden, sonst wird die Resilienz der Unternehmen letztendlich eher geschwächt.

Die durch den seit langer Zeit deutlich steigenden Anteil der Sozialausgaben am BIP dokumentierte zunehmende Abwälzung der Verantwortlichkeiten von der Gesellschaft auf den Staat ist diesbezüglich ein deutliches Alarmzeichen. Die V-Förmige Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und vermutlich auch im Zeitablauf des Ukrainekrieges verstärken diesen „whatever it takes“-Trend. Sich aus dieser Spirale der gewohnten Transfers loszueisen, wird immer schwerer. Nichts offenbart das so deutlich wie die Inflationsentwicklung, die den notwendigen Anpassungsprozess der Wirtschaft bremst und zu einer noch größeren Einmischung von Regierungen und Notenbanken führen dürfte.

Zinsklippe noch nicht überwunden

Gerade mit Blick auf nach IFRS bilanzierende Unternehmen hat der Kapitalmarkt die Auswirkungen des veränderten Zinsumfelds auf die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen der Emittenten meiner Meinung nach noch nicht ausreichend berücksichtigt. Natürlich geht es hier in erster Linie um Finanzmathematik, aber bei einigen Unternehmen dürfte dies zu deutlichen Gewinnwarnungen führen, bei anderen hingegen zu Prognoseanhebungen. Dabei ist es ganz gleich, ob ein durch das sogenannte „Trigger Event Zinsänderung“ vorgeschriebener Impairment-Test ad-hoc hätte durchgeführt werden müssen, oder ob dies erst im Abschluss für das Jahresabschluss 2022 verarbeitet wird.

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Markus Knoss, BankM AG / Anleihen Finder Redaktion.

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