Von der Angst, zu entscheiden

In den Zeiten der Pandemie, wo das “sich-gegenseitig-in-die-Augen-sehen-und-nicken” fehlt, wird die Entscheidungskompetenz weiter abnehmen. Hinzu kommt die Angst vor Fehlentscheidungen in einer Angstkultur, weil damit vielleicht Karriere einen Knick bekommen könnte. Vor allem aber auch Angst vor der Erfahrung, dass eine einmal getroffene Entscheidung nicht so schnell wieder geändert werden kann. Ein typisches Beispiel aus meinem Umfeld ist die Entscheidung in Sachen Learning Management System. Die Coronakrise zwingt Organisation zur Änderung ihrer L&D-Strategie. Meistens ist damit allerdings lediglich die Digitalisierung von Lerninhalten gemeint, weil eine neue 360 Grad Strategie intern aufgrund der Entscheidungsstrukturen und der damit verbundenen, mangelnden Entscheidungskompetenz in der Umsetzung an die Grenze des unmöglich Machbaren gelangt. In der Folge begnügt man sich damit, ein paar E-Learnings zu kaufen, die aber bitteschön genau auf das laufende LMS passen, das auf gar keinen Fall ausgetauscht werden soll, egal wie unproduktiv es auch immer ist. Denn schließlich war die Beschaffung  damals schon ein Riesenakt und mittlerweile sind schließlich auch Anpassungen erfolgt und man kann es sogar so einigermaßen bedienen, nur: Zum damaligen Zeitpunkt der Beschaffung gab es völlig andere Rahmenbedingungen als heute und in Zukunft, wo wir integrierte Lern- und Wissensprozesse mit KI gestützten Methoden brauchen, um das informelle Lernen als Teil der Arbeit nutzen zu können. So fährt man lieber mit einem stinkenden Oldtimer durch eine verstopfte Innenstadt, wo anderen mit digitalen Mobilitätskonzepten viel schneller vorankommen, um mit dieser Metapher zu sprechen. Dabei geht es keineswegs um die Höhe der Investition, denn Mittel für moderne L&D-Strategien sind reichlich vorhanden, sondern die Hürde der  Entscheidung- und praktischen Umsetzung macht dem Management Angst. Typische Fragen von Mitarbeitenden, wie “Das alte System funktioniert nach all den Jahren mittlerweile ganz gut, warum jetzt schon wieder ein neues?” nehmen die Motivation heraus. Hinzu kommt der  -quasi in Stein gemeißelte – Tatbestand, dass so manche Software in der Buchhaltung noch nicht abgeschrieben ist. In einer ganzheitlichen Rechnung sind allerdings die Perfomanzverluste durch das Nichtablösen verstaubter Systeme wesentlich teurer.

Die Entschlussfreude einer Organisation á la Elon Musk kann deutsche Unternehmen nur beeindrucken. Immer wieder stellen wir uns die Fragen, warum wir mit allen Entscheidungen immer so ewig brauchen, sei es in der öffentlichen Verwaltung oder in Unternehmen. Die Ursache dafür ist in der Organisationskultur zu finden. Diese “Corporate Culture Performance” (G. Piwinger 2021) zugunsten einer positiven Entscheidungskultur lässt sich systematisch entwickeln. Alles, was wir dafür benötigen, ist die Implementierung eines Learning Experience Ecosystem. Dieses setzt sich aus Methoden, nämlich Werte- und Kompetenzentwicklung und Systemen: Wissens- und Lernmanagement, zusammen.Die Methoden dienen dazu, das Handeln der Führungskräfte zu verändern. Dazu erfolgt eine Werte- und Kompetenzanalyse im 360 Gradverfahren, die einerseits schonungslos aber damit auch gleichzeitig sehr produktiv ist. Diese Maßnahme mit ihren daraus folgenden Kompetenzbildungsritualen schafft ein evidentes Handlungsvertrauen innerhalb der Führungskräfte und strahlt positiv in die gesamte Organisation. Dieser Methodenprozess erfolgt heutzutage voll digital gestützt und wird mehr und mehr zum integralen Bestandteil der Personalentwicklung. Das Ziel der Werte und Kompetenzentwicklung ist selbstorganisiertes, kollaboratives  Entscheiden und Handeln. Das digitale Merkmal “Sharing” muss in der gelebten Unternehmenskultur verankert werden. Die Entwicklung von Methoden ist sinnlos, wenn nicht auch der Ermöglichungsraum als alltäglicher Workflow zur Nutzung der Methoden bereitgestellt wird. Eine Learning Experience Ecosystem (LXE) unterscheiden sich von einer LX-Plattform durch eine zentrale Datenbasis (Single Source of truth), mit der KI-gestützte Workflows das Lernen, Teilen und Kommunizieren ermöglicht und eindeutig geregelt werden. Das Top-Management verändert seine Rolle hin zum Ermöglichungspartner (Faciliator).

Das harmonische Zusammenspiel aus Methoden und Systeme bewirkt eine deutlich Optimierung der People Performance, dem agilen, selbstorganisierten und interdisziplinären Zusammenspiel zwischen Teams und Mitarbeitenden über alle Ebenen und Fachbereiche hinweg. Die Basis dafür bilden Werte, die durch die Maßnahme in “Fleisch und Blut” übergehen müssen und die Entwicklung von Organisations-, Team und Einzelkompetenzen. Entscheidend für den Erfolg ihre “Corporate Culture Performance-Projektes” ist das unbedingte Zusammenwirken von Methoden und Systemen.

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