Die chinesische Wirtschaft hat sich im 2. und 3. Quartal 2020 mit Wachstumswerten von 3,2 und 4,9 % im Jahresvergleich stark von der Coronakrise erholt, nachdem im 1. Quartal ein Rückgang um 6,8 % verkraftet werden musste. Auf das Gesamtjahr bezogen wird das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) voraussichtlich auf ein 40-Jahres-Rekordtief von 2 % sinken. Für 2021 wird eine Steigerung auf 8 % erwartet, sofern das Virus unter Kontrolle bleibt und der Impfstoff über das Jahr flächendeckend verbreitet werden kann.
Die schnelle Erholung der Wirtschaft lässt sich größtenteils durch eine Kombination strenger und langwieriger Eindämmungsmaßnahmen erklären, die die Ausbreitung des Virus erfolgreich gestoppt und neue Infektionswellen verhindert haben. Um eine tiefe Rezession zu verhindern, hat die Regierung verschiedene geldpolitische Maßnahmen ergriffen wie niedrigere kurzfristige Zinssätze und eine beschleunigte Kreditausweitung. Zudem gab es fiskalische Anreize in Höhe von mehr als 4,5 % des BIP und große öffentliche Investitionen in Infrastrukturprojekte. Auf der anderen Seite war der private Konsum schwach und erholte sich nur langsam vor dem Hintergrund eines schwächeren Vertrauens, niedrigerer Einkommen und von Arbeitsplatzverlusten.
Auch externer Schub hat zur Erholung beigetragen. Trotz der weltweiten Nachfrageschwäche haben die Exporte dank großer internationaler Nachfrage (insbesondere aus den USA) nach medizinischen Produkten und Elektronik (Home-Office-IT-Ausrüstung) große Widerstandsfähigkeit gezeigt. In der Folge wird sich der Leistungsbilanzüberschuss vergrößern. Dieser Trend sollte sich 2021 aber umkehren, da mit größerer Inlandsnachfrage und steigenden Importen zu rechnen ist. Die im Vergleich zu anderen Ländern gute wirtschaftliche Entwicklung hat auch zu einer Stärkung der chinesischen Währung RMB geführt (+6,5 % gegenüber dem US-Dollar bis Mitte Dezember 2020).
Der Ausblick für 2021 ist positiv. Neben der höheren Inlandsnachfrage werden auch steigende Handels- und Investitionsströme im asiatischen Raum erwartet. Gründe hierfür sind die ruhige Coronalage und die kürzlich unterzeichnete RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership), die die wirtschaftliche Verbindung zwischen den Staaten weiter vertiefen wird. Das externe Umfeld bleibt hingegen schwierig angesichts der US-Handelssanktionen.
Ein weiteres großes Risiko ist die inländische Schuldenblase, die auch dafür sorgte, dass die staatliche Unterstützung diesmal deutlich geringer ausfiel als in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 / 2009. Die Coronakrise hat die hohe Verschuldung von Unternehmen und Kommunen weiter verschlechtert. Die Verringerung der inländischen Schuldenlast ist ein Hauptziel der Regierung, da diese das Wachstumspotenzial verringert und die finanzielle Lebensfähigkeit vieler Unternehmen gefährdet. Viele Unternehmen, insbesondere solche in Staatsbesitz, sind in Zahlungsverzug geraten. Dieses Problem könnte sich 2021 verschärfen. Die Staatsverschuldung, die nun bei über 60 % des BIP liegt, wird weiter steigen.
Eine weiteres wesentliches Ziel der Regierung ist technologische Eigenständigkeit aufgrund der US-Sanktionen gegen chinesische IT-Unternehmen, die wahrscheinlich auch unter Präsident Biden bestehen bleiben werden.
Die Coronakrise hat bislang Chinas Liquiditätsposition kaum beeinträchtigt dank erheblicher Devisenreserven, die aktuell mehr als 14 Monate Import umfassen. "Credendo stuft China daher weiter in der besten politischen Risikoklasse 1/7 ein", sagte Credendo-Deutschlandchef Karsten Koch in Wiesbaden. "Aufgrund der politischen Stabilität und der soliden makroökonomischen Fundamentaldaten sollte dies auch auf absehbare Zeit so bleiben."
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