Bei der Umsatzentwicklung für 2020 sind die Unternehmerinnen weitaus pessimistischer als noch im Sommer. Gingen im Juli 55 Prozent der Befragten davon aus, dass der Umsatz ihrer Unternehmen in diesem Jahr im Vergleich zu 2019 sinken wird, sind es Anfang Dezember 65 Prozent, die einen Umsatzrückgang erwarten. Rund ein Viertel befürchtet Umsatzeinbrüche von über 50 Prozent. Es zeigt sich aber auch, dass ein Drittel der frauengeführten Unternehmen weiterhin gut durch die Krise kommt und keine negativen Veränderungen verzeichnet.
Angesichts der niedrigen Nachfrage sowie des anhaltenden Umsatzrückgangs schmilzt das Eigenkapital der Unternehmerinnen in den kommenden sechs Monaten weiter (37 Prozent), sie befürchten trotz staatlicher Hilfen Liquiditätsengpässe (27 Prozent) und eine höhere Belastung durch Fremdkapital, z.B. aus Krediten (14 Prozent). Über alle Branchen hinweg kämpfen vier Prozent gegen eine Insolvenz in den kommenden Monaten. Die Finanzierungssorgen schmälern die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmerinnen in der Phase des Restarts nach der Krise. Bereits jetzt mussten sie geplante Investitionen verschieben oder streichen (40 Prozent). Um die Liquidität ihrer Unternehmen zu sichern, fordern die Unternehmerinnen, den steuerlichen Verlustrücktrag auszuweiten (40 Prozent), Abschreibungsmöglichkeiten zu verbessern (35 Prozent) und allgemeine steuerliche Entlastungen (15 Prozent). Diese Maßnahmen würden Unternehmen mit einem soliden Geschäftsmodell dabei unterstützen, ihre Resilienz zu steigern.
Die Unternehmerinnen haben in den letzten Monaten alles dafür getan, ihre Unternehmen zu erhalten und Entlassungen zu vermeiden. Dabei haben sie agil und kreativ auf die Anforderungen der andauernden Krise reagiert: über die Hälfte der Befragten haben die Digitalisierungsprozesse in ihren Betrieben verstärkt (55 Prozent), sie bauten die Online-Präsenz, den -Vertrieb sowie die -Kundengewinnung aus (50 Prozent) oder stellten das bisherige Geschäftskonzept um (38 Prozent). Die Unternehmerinnen kritisieren die hohe bürokratische Belastung, die sie in vielen Bereichen bremst. Rund 72 Prozent fordern mehr Bürokratieentlastung. Außerdem erwarten sie, dass die Politik die Digitalisierung u.a. im Bereich der digitalen Infrastruktur und der digitalen Verwaltung vorantreibt (68 Prozent).
Die frauengeführten Unternehmen nutzen mobiles Arbeiten überall da, wo es möglich ist. Drei Viertel plant auch nach der Corona-Pandemie mobiles Arbeiten zu ermöglichen. 65 Prozent wollen, dass ihre Mitarbeiter*innen sowohl am festen Arbeitsplatz im Unternehmen als auch mobil, z.B. im Homeoffice, arbeiten. 57 Prozent der Unternehmerinnen, die dieses Mischmodell favorisieren, begründen ihre Entscheidung mit den guten Erfahrungen der letzten Monate. Die frauengeführten Unternehmen, die vollständig am festen Arbeitsplatz arbeiten werden, tun dies mehrheitlich (91 Prozent), weil mobiles Arbeiten in ihrem Unternehmen aufgrund der Geschäftsprozesse, Produkte oder Dienstleistungen nicht möglich ist. Ein gesetzlicher Anspruch der Arbeitnehmer*innen auf ein Gespräch mit den Arbeitgeber*innen über die Möglichkeit des mobilen Arbeitens ist vor diesem Hintergrund völlig unnötig und verkennt die Realität in den Unternehmen. Was die moderne Arbeitswelt braucht, ist ein verlässlicher Rechtsrahmen für u.a. den Arbeitsschutz, den Datenschutz, den Unfallschutz, die Arbeitszeit sowie die Kostenübernahme durch den/die Arbeitgeber*in (35 Prozent) für das mobile Arbeiten sowie eine Flexibilisierung der Arbeitszeitregelung (36 Prozent).
Die anhaltende Pandemie wirkt sich aber auch zunehmend kritisch auf die Beschäftigungsverhältnisse in den Unternehmen aus. Zwar ist der Anteil derjenigen, die in ihren Betrieben Kurzarbeit nutzen, bei einem Drittel geblieben und hat sich seit dem Sommer nicht verändert. Allerdings haben seit Juli fünf Prozent mehr Unternehmerinnen betriebsbedingt Mitarbeiter*innen kündigen müssen (insgesamt 13 Prozent). Im Vergleich zur gesamten deutschen Wirtschaft, in der laut DIHK-Umfrage aus dem November bereits 24 Prozent der Unternehmen Personal abbauen mussten, haben frauengeführte Unternehmen damit bisher weniger häufig Mitarbeiter*innen entlassen müssen. Ein signifikanter Teil der Unternehmerinnen verzeichnet keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse in ihren Betrieben (31 Prozent) oder haben neue Mitarbeiter*innen eingestellt (17 Prozent).
Knapp die Hälfte der Unternehmerinnen hat die bisherigen Wirtschaftshilfen von Bund und Ländern in Anspruch genommen. Dabei sind aktuell die Soforthilfen der Länder sowie das Kurzarbeitergeld die wichtigsten Hilfen. Mehr als ein Drittel der Unternehmerinnen benötigen keine Hilfen, und 15 Prozent greifen auf die eigenen Rücklagen zurück.
Im Vergleich zur gesamten deutschen Wirtschaft nutzen die befragten Unternehmerinnen die Überbrückungshilfe II und die November- und/oder Dezemberhilfen weniger häufig. Die Überbrückungshilfe II haben bisher sieben Prozent der Unternehmerinnen bewilligt bekommen oder bereits erhalten. Für 26 Prozent der Unternehmerinnen kommt die Beantragung der November- und/oder Dezemberhilfen in Frage, da sie direkt oder indirekt vom Lockdown betroffen sind. Das Antragsverfahren für die Novemberhilfe durch einen prüfenden Dritten über das Onlineportal der Bundesregierung bewerten die Unternehmerinnen insgesamt mit der Note 3. Betroffene Unternehmen müssen rascher Hilfen erhalten. Ein Nachjustieren beim komplexen und bürokratischen Antragsverfahren ist daher dringend nötig.
Die Corona-Pandemie wird uns noch eine Weile begleiten. Die Unternehmerinnen fordern insgesamt mehr Planungssicherheit durch beispielsweise bessere Informationen zu möglichen Krisenszenarien und -maßnahmen (49 Prozent). Bei allen Maßnahmen muss die Balance zwischen einem effizienten Gesundheitsschutz und dem gemeinschaftlichen Interesse an einer Fortführung der wirtschaftlichen Aktivitäten gewahrt bleiben.
Im Vergleich zur Umfrage im Juli sind die Unternehmerinnen des VdU mit der Arbeit der Bundesregierung in der Corona-Pandemie aktuell deutlich unzufriedener: Während im Sommer drei Viertel die Arbeit der Großen Koalition als gut oder sehr gut bewerteten, tun dies jetzt nur noch knapp die Hälfte. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen schneiden aktuell noch schlechter ab: Während in der letzten Umfrage noch 40 Prozent der Bundesregierung dafür die Note 2 gaben, sprechen sich nun lediglich 30 Prozent für eine gute Bewertung aus. Aktuell bewertet ein Drittel die Maßnahmen als ausreichend bis ungenügend.
Das Vorhaben der Großen Koalition, dass in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern künftig mindestens ein Mitglied eine Frau sein soll, befürworten 67 Prozent der befragten Unternehmerinnen. Sie sehen in der Vorstandsquote für Frauen zwar einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit, da freiwillige Verpflichtungen aber bisher kaum Veränderungen in der operativen Führung großer Unternehmen gebracht haben, könne die Quote ein Baustein für bessere gesetzliche und strukturelle Rahmenbedingungen sein, die Frauen nicht mehr benachteiligen. Ein Drittel der Befragten lehnt die Vorstandsquote hingegen ab und fordert, dass Unternehmen freiwillig bessere Rahmenbedingungen für Frauen schaffen müssen bzw. ist der Ansicht, dass qualifizierte Frauen es heute auch ohne regulatorische Eingriffe in Führungspositionen schaffen.
Eine ausführliche Auswertung der Umfrage sowie Grafiken finden Sie im Anhang.
Über die VdU-Umfrage
Seit Beginn der Corona-Krise hat der Verband bereits zum sechsten Mal rund 1.800 Unternehmerinnen online befragt. Im Befragungszeitraum vom 3. bis zum 10. Dezember 2020 haben 250 Unternehmerinnen geantwortet.
Die Antworten verteilen sich auf folgende Branchen: Beratung (28 %), sonstige Dienstleistungen (24 %), Handel (12 %), Industrie (9 %), Gesundheitswirtschaft sowie Kultur- und Kreativwirtschaft (je 5 %), Baugewerbe sowie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (je 4 %), Gastgewerbe (3 %), Tourismuswirtschaft (2 %), IT (2 %) sowie Verkehr und Lagerei (1 %).
Nach Unternehmensgrößen verteilen sich die Antworten wie folgt: Soloselbständige (20 %), 1-5 Beschäftigte (34 %), 6-19 Beschäftigte (20 %), 20-99 Beschäftigte (20 %), 100-249 Beschäftigte (4 %), mehr als 250 Beschäftigte (2 %).
Im Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU) sind rund 1.800 Unternehmerinnen organisiert. Die Unternehmerinnen erwirtschaften zusammen einen Jahresumsatz von 85 Milliarden EUR und beschäftigen über 500.000 Mitarbeiterin*innen in Deutschland. Seit über 65 Jahren setzt der VdU sich erfolgreich dafür ein, dass die Stimme der Unternehmerinnen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angemessen Gehör findet.
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