Der Wunsch nach einer deutschen „Start-up-Kultur“ mit positiven Wachstums- und Beschäftigungseffekten besteht nicht nur bei Gründern. Doch gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sehen sich zunehmend der digitalen Transformation und Veränderungsdynamik ausgesetzt, die mit herkömmlichen Methoden und dem „klassischen Management“ nur noch schwer zu bewältigen sind. Auffällig ist, dass beide Disziplinen – Entrepreneurship und KMU-Management – noch überwiegend getrennt gedacht und gelehrt werden. Bei genauer Betrachtung gewinnt man jedoch zwei zentrale Erkenntnisse: Zum einen erkennt man wesentliche Gemeinsamkeiten. Sowohl KMU als auch Start-ups haben nur knappe Zeit-, Personal- und Finanzbudgets und dürfen sich daher in einer „komplexen Welt“ nur wenige strategische Fehler erlauben. Und vielleicht noch wichtiger: Ein Zusammenspiel von KMU- und Start-up-Methoden ergibt effektive und umsetzbare Lösungen für ein wirksames Management.
Prof. Dr. Holger Held ist in den Studienangeboten Betriebswirtschaft für kleine und mittlere Unternehmen und Business Development / Produktmanagement & Start-up-Management an der Hochschule Aalen tätig. Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit arbeitet er außerdem als Berater von KMU sowie Unternehmensgründern und als Business Angel. Seine Praxiserfahrungen sind in ein umfassendes Modell eingeflossen, das Gründern und (Jung-)Unternehmern bei der strategischen Umweltanalyse, der Positionierung und der Entwicklung eines passenden Geschäftsmodells unterstützt und nun als Buch unter dem Titel „KMU- und Start-up-Management. Strategisch planen und gründen in einer komplexen Welt“ erschienen ist.
Gleich zu Beginn provokant gefragt: Brauchen Start-up-Unternehmer und Führungskräfte in sogenannten KMU, also kleinen und mittleren Unternehmen, überhaupt theoretisches Wissen?
Ich würde sogar sagen mehr denn je. Digitalisierung in Verbindung mit einer zunehmenden Vernetzung und Datenflut schaffen eine Komplexität, die mit herkömmlichen Methoden und „Bauchgefühl“ nicht mehr zu verstehen und in der Folge auch nicht mehr zu bewältigen ist. Ein Verständnis von zugrundeliegenden Zusammenhängen, das uns zu belastbaren Theorien und Modellen führt, hilft uns, die richtigen Methoden und Werkzeuge zu finden und anzuwenden.
Bereits im Titel Ihres neuen Buches sprechen Sie die „komplexe Welt“, also die schwierigen Rahmenbedingungen unternehmerischer Tätigkeit an – wie kann man damit umgehen?
Wir müssen akzeptieren, dass wir wegen der Komplexität die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung nicht mehr in Gänze erkennen und verstehen. Daher benötigen wir Instrumente, die uns auch unter Unsicherheit weiterhelfen. Beispiele: Wir müssen Unternehmen so aufbauen, dass weitestgehend dezentral entschieden werden kann, was das Unternehmen deutlich flexibler macht. Wir müssen so gut wie jede Handlung als Lernprozess organisieren und eine Experimentierkultur etablieren, damit Unternehmen schnell handeln und sich entwickeln können. Zudem müssen wir wichtige Kernprozesse und Schlüsselpositionen so absichern, dass auch unvorhersehbare „Schwarze Schwäne“ unsere Überlebensfähigkeit nicht gefährden, wir sogar davon profitieren können. Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Verschmelzung von Methoden einer „alten Strategie-Welt“ in KMU mit den Methoden einer „neuen Strategie-Welt“ in den Start-ups der Schlüssel ist, die digitale Transformation und Komplexität zu meistern.
Welche Fehler machen junge Gründer und Unternehmer häufig? Auch wenn keiner gerne darüber spricht, daraus lassen sich doch sicherlich Lehren ziehen?
Wenn ich mich auf einen zentralen Tipp festlegen müsste dann auf den, dass leider häufig Geschäftsideen und Unternehmensgründungen schon weit fortgeschritten sind und bereits viel Geld investiert wurde, ohne wirklich ein bestehendes Problem einer ganz bestimmten Zielgruppe, für dessen Lösung diese auch Geld zahlen würde, nachhaltig belegt zu haben. Erst wenn sogenannte Wiederkäufe erfolgen und das Geschäftsmodell wirklich bewiesen hat, dass es funktioniert, und gleichzeitig ein ausreichend großer Markt vorhanden ist, sollten größere Beträge investiert und das Start-up intensiv aufgebaut werden. Schafft man diese Absicherung des Geschäftsmodells, kann das Risiko eines Scheiterns deutlich reduziert und überschaubar gehalten werden. Aus meiner Sicht merken viele Gründer zu spät, dass die Geschäftsidee nicht wirklich ein echtes Problem löst, für das die Kunden auch ausreichend Geld bezahlen würden.
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