Das spielt bspw. dann eine Rolle, wenn es um die Frage der Einwilligung und ihres Widerrufs geht oder dann, wenn bestimmte Ausnahmen vom Recht am eigenen Bild greifen sollen, wie zum Beispiel bei Personen der Zeitgeschichte, die nur eingeschränkt die Nutzung der sie zeigenden Bilder verhindern können.
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, der nach Geltung der DSGVO spielt und wo das Zusammenspiel von „alten“ und „neuen“ Regeln relevant wird.
Es ging um einen Frisörbesuch. Eine Kundin macht einen Termin aus, wird – während ihre Haare geschnitten werden – von einem Angestellten des Frisörsalons gefilmt und das Video wird nebst Fotos gepostet, um für den Friseursalon Werbung zu machen. Die Kundin sagt sie habe von dem Videodreh nichts gewusst und habe auch nicht eingewilligt. Der Frisör sagt es sei klar gewesen, dass an diesem Termin Filmaufnahmen stattfinden und die Kundin habe das auch gewusst. Also habe sie auch zumindest stillschweigend eingewilligt.
Das Gericht entschied, dass die Kundin die Löschung des Videos und der Bilder, also die künftige Unterlassung der Nutzung des Materials verlangen kann.
Das Gericht ließ es aber – leider – letztlich offen, ob die §§ 22, 23 KUG als Normen im Sinne von Art. 85 Abs. 1 DSGVO für Fälle wie den vorliegenden, der nicht unter journalistische, wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Zwecke im Sinne von Art. 85 Abs. 2 DSGVO fällt, weiter gelten oder nicht. Denn, so die Richter, sowohl nach den „alten“ Regeln des KUG, als auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 lit. a), f), 7 DSGVO war die Veröffentlichung von Video und Bildern rechtswidrig.
Das Gericht stellt zunächst fest, dass eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten vorliegt, wenn ein Bild einer identifizierbaren Person veröffentlicht wird. Bei der Nutzung auf der Facebook-Seite des Frisörsalons liege auch eine gewerbliche und nicht eine rein private Datenverarbeitung vor, sodass das Datenschutzrecht anwendbar ist.
Die Veröffentlichung bzw. Verarbeitung stellt sich sodann sowohl unter Zugrundelegung des Maßstabs des § 22 KUG i.V.m. Art. 85 Abs. 1 DSGVO als auch unter Zugrundelegung des Maßstabs von Art. 6 Abs. 1 lit. a) i.V.m. Art. 7 DSGVO als unzulässig dar, da die Klägerin in die Veröffentlichung ihres Bildnisses nicht eingewilligt hat. Für eine Einwilligung habe der Frisör keine Nachweise vorlegen können.
Die Verarbeitung des Videos in Form der Veröffentlichung war auch nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO gerechtfertigt. Gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO bzw. Art. 8 Abs. 2 S. 1 GRCh unterliegt die Verarbeitung personenbezogener Daten einem sogenannten "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt". In Betracht käme hier – neben einer nicht vorliegenden Einwilligung – lediglich die Ausnahme gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO. Danach ist eine Verarbeitung zulässig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Das Gericht erachtet die Grundsätze der §§ 22, 23 KUG und die dazu ergangene Rechtsprechung als Gesichtspunkte, die im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO und der Abwägung der Interessen und Grundrechte einzubeziehen sind. In Anwendung dieser Grundsätze überwiegt vorliegend das Interesse der Kundin an der Unterlassung der Datenverarbeitung in Form der Veröffentlichung von Video und Bildern.
Selbst ohne Anwendung der Grundsätze der §§ 22, 23 KUG im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO erachtet das Gericht die Interessen der Kundin gegenüber dem Werbeinteresse des Frisörs als überwiegend. Zwar ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Direktwerbung grundsätzlich als berechtigtes Interesse anerkannt. Es ist jedoch bereits fraglich, ob diese Werbung unter Verwendung von bildlichen Aufnahmen von Kunden ohne weiteres als erforderlich im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO anzusehen sind. Darüber hinaus widerspricht es den vernünftigen Erwartungen eines Kunden in einem Frisörsalon, dass sein Besuch im Salon filmisch festgehalten und zur Bewerbung im Internet verwendet wird.
(Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.09.2018, Aktenzeichen: 2-03 O 283/18)
Fazit
Der für mich als Anwalt wichtigste Satz des Gerichts ist der, dass es die bisherigen Grundsätze zur Nutzung von Bildern, auf denen Personen zu sehen sind, bei der Abwägung nach Artikel 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO berücksichtigen will. Das bedeutet letztlich, dass als Rechtsgrundlage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse nach DSGVO bestehen kann, dabei aber die Ausnahmen und Wertungen des Rechts am eigenen Bild nach dem Kunsturheberrecht berücksichtigt werden müssen. Die Berechtigung zur Bildnutzung wird also quasi „im Lichte des KUG“ ausgelegt, was in den meisten Fällen dazu führen wird, dass die bisherige Rechtslage bestehen bleibt.
Wir müssen aber abwarten, ob diese Ansicht, die ich ausdrücklich teile, auch von anderen Gerichten so bestätigt wird.
Wir bleiben am Ball.
Timo Schutt
Rechtsanwalt
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